Johann Wenzel Bergl
(*23. September 1719 in Königinhof an der Elbe/Dvůr Králové nad Labem, † 15. Jänner 1789 in Wien) war ein bedeutender Maler und Dekorationskünstler des Spätbarock und Rokoko.
Bergl erlangte vor allem durch seine phantastischen Landschaftsmalereien Berühmtheit. Aufträge erhielt er von Adel und Klerus. Die Kirche des ehemaligen Benediktinerklosters Mariazell im Wienerwald gilt als sein bedeutendstes Sakralwerk, als bedeutendstes Profanwerk sind die Fresken des Gartenpavillons des Stiftes Melk anzusprechen. In seiner böhmischen Heimat zeugen expressive Kreuzwegszenen von seinem künstlerischen Schaffen. Seine Tätigkeit als Maler ephemerer Architektur wie das Heilige Grab in der Losensteinerkapelle im ehemaligen Benediktinerstift Garsten in Oberösterreich zählt zur weniger bekannten Seite des Malers.
Leben
Bergl wurde am 23. September 1719 im nordböhmischen Königinhof an der Elbe/Dvůr Králové nad Labem geboren. Sein Geburtshaus nahe der örtlichen Kirche existiert heute nicht mehr. In Wien ist er ab den 1740er Jahren nachweisbar. Bergl ehelicht am 19. Mai 1754 in der Pfarre St. Ulrich Theresia Märsch, Tochter des bürgerlichen Malers Johann Bernhard Märsch. Trauzeuge ist der Akademiemaler Franz Anton Maulbertsch, der für Bergl auch von künstlerischer Bedeutung war. Der Ehe entstammen acht Kinder, drei überleben den Vater und werden im Testament geführt: der Akademiemaler Anton und der Miniaturmaler Johann sowie deren minderjährige Schwester Theresia Bergl, alle wohnhaft an der Adresse des verstorbenen Vaters, im Haus „Bei den 7 Kurfürsten“ am Spittelberg. Das Totenprotokoll der Stadt Wien vom 15.01.1789 nennt Verstopfung der Leber als Todesursache.
Künstlerischer Werdegang
Als Maler scheint Johann Wenzel Bergl erstmals im Aufnahmeprotokoll der Wiener Akademie aus dem Jahr 1749 auf. Auch das Namensregister der 1745 bis 1749 geschlossenen Institution nennt den Künstler als „wohnhaft beim Schwarzen Adler auf der Wendlstadt“ bei ihrer Wiedereröffnung am 20. Oktober dieses Jahres. Es liegt daher nahe, dass er bereits vor seiner Zeit an der Wiener Akademie eine künstlerische Ausbildung erhalten hatte; eine Beteiligung Bergls an der Sala terrena des Benediktinerstiftes Altenburg, vor allem an dessen skurrilen „Chinesenzimmer“ (um 1745/47) darf vermutet werden.
Im Jahr 1751 wird ihm in der Kategorie Malerei der zweite Preis an der Wiener Akademie verliehen, ein Jahr später, am 27. Oktober 1752, gewinnt er den ersten Hofpreis. Mit der Auszeichnung verbunden war die Unabhängigkeit von der Zunft und die Möglichkeit eigene Gehilfen beschäftigen zu können – eine Option, die Bergl vorerst erstaunlicherweise nicht nutzt. Stattdessen entstehen gemeinsame Projekte, die er wohl in Zusammenarbeit mit seinem Freund und Weggefährten Franz Anton Maulbertsch durchführt. Dieser (selbst Preisträger der Akademie aus dem Jahr 1750) erweist sich als eine der prägenden Vorbilder für Bergl; beiden gemeinsam ist eine intensive Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten prachtvollen, schillernden Kolorits bei einer Schwäche für expressives Figurenpersonal.
In der zweiten Hälfte der 1750er und Anfang der 1760er Jahre entstehen Kreuzwegstationen für Dvůr Králové (um 1757), Orlice (1759) und für die Kirche der Kapuziner in Opočno (1763) in Ostböhmen.
Bergls bedeutendstes Sakralwerk stellt die Ausstattung der Kirche des ehemaligen Benediktinerklosters Mariazell im Wienerwald (1758/59) dar: Nach mehreren Jahren der beinahe anonymen Unterordnung unter den Primat Maulbertschs tritt der Künstler unvermutet selbstbewusst an die Öffentlichkeit. Und bereits in diesem Erstlingswerk wird die zentrale Begabung Bergls ersichtlich, das Talent für das (nicht negativ besetzte) „Dekorative“: Weniger das Detail der Malerei lockt zur Versenkung, vielmehr vereinen sich die gemalten Rahmungen und die quirligen Figuren zu einer stark ornamentalen Gesamtwirkung.
Möglicherweise vermittelt durch seinen Schwiegervater, den Dekorationsmaler Johann Bernhard Märsch, erhält Bergl Kontakt zum kaiserlichen Hofbauamt. Anfänglich handelt es sich noch um Kooperationen, so im „Grünnehaus“ in Laxenburg, wo Bergl um 1760/61 mit dem Maulbertsch-Epigonen Andreas Brugger zusammenarbeiten. Eigenständig stattet er hingegen in den Jahren 1762/63 sechs Räume des von Erzherzogin Maria Theresia erworbenen erzbischöflichen Sommerschlosses in Ober-St. Veit mit exotischer Tier- und Pflanzenwelt aus, ein für seine Karriere folgenreicher Auftrag. Als Vorlage dafür dient ihm eine bekannte französische Tapisserienserie, die sogenannten Nouvelles Indes nach Alexandre-François Desportes. Elemente aus diesen Tapisserien wie Tiergruppen, Früchtekörbe und Bewohner dieser scheinbar fremden Szenerie finden Eingang in ein neues Neben- und Miteinander nach ästhetischen Kriterien. Palmen, Bananenpflanzen, Weinlaub und Cashewbäume formen ein Blätterdach und scheinen die Grenzen der Räume zu negieren. Bergl wiederholt diese Sujets später im Gartenpavillon von Stift Melk (1763/64), in der Hofburg (1766), Schloss Schönbrunn (um 1770, 1773/74)und in Schloss Donaudorf (1773). Mit den Motiven sollte er nach und nach freier umgehen: anstelle illustrierender Figuren und Tiere zeigt Bergl in den Appartements in Schloss Schönbrunn antikisierende Vasen und Architekturen sowie Treillagen.
Bergl bedient ein dichtes Netzwerk an Klöstern, vor allem der Melker Abt Urban II Hauer tritt als sein Mäzen auf. Nach dem Gartenpavillon (1763/64) beauftragt er den Maler mit der Ausstattung des Sommerschlosses der Prälaten in Pielach (1766/67), der Freskierung der oberen Bibliothekssäle im Kloster (1767), der Kapelle des Wiener Melkerhof (1773), der Prälaturkapelle im Stift Melk (1782) sowie mit Gelegenheitsarbeiten wie der Ausmalung der Gästezimmer im Kloster oder Gemälden für die Stiftspfarren. Ebenso beschäftigen ihn die Elisabethinen auf der Landstraße, die Zisterzienser des Neuklosters in Wiener Neustadt, die Serviten in Schönbühel, die Pauliner in Felsö-Elefant, Maria Család und Budapest, die Augustiner in Wien, die Prämonstratenser in Klosterbruck, die Benediktiner des Wiener Schottenstifts, in Seitenstetten, in Altenburg (Wallfahrtskirche Maria Dreieichen) und Garsten. Bergls Heiliges Grab in der Losensteinerkapelle im dortigen ehemaligen Benediktinerstift stellt eine Besonderheit dar, war derartigen ephemeren Architekturen üblicherweise aufgrund der verwendeten Materialien keine lange Lebensdauer hatten. Die illusionistische Kulissenarchitektur Bergls blieb erhalten und ist seit ihrer Restaurierung in der Osterzeit in situ zu sehen.