Wien, Nationalbibliothek – Augustinerlesesaal

Mit freundlicher Genehmigung der ÖNB
Augustinerlesesaal © Österreichische Nationalbibliothek

Ursprünglich als Klosterbibliothek der Augustiner-Barfüßer errichtet und im Jahr 1829 von der ehemaligen Hofbibliothek angemietet, bietet der Augustinerlesesaal heute als Lesesaal der Sammlung von Handschriften und alten Drucken alle Annehmlichkeiten eines modernen Bibliothekslesesaales in prächtigem Ambiente.

Besonders bemerkenswert ist das Deckenfresko, 1773 gestaltet von Johann Baptist Wenzel Bergl.

Das Fresko folgt einem ähnlichen Programm wie jenes im benachbarten Prunksaal, der ehemaligen Hofbibliothek. Es ist nicht, wie man es in einer Klosterbibliothek erwarten könnte, einem ausschließlich theologischen Gegenstand gewidmet, sondern vermittelt die Idee universeller Gelehrsamkeit, verbunden mit einer kaiserlichen Apotheose. Die drei Felder sind wohl von der Schmalseite mit den beiden Fenstern in der Richtung zum erhöhten Teil des Saales zu lesen.

Die drei Felder:

  • Die Gesamtheit materieller, durchaus irdischer Abläufe unter der Lenkung eines hervorragenden Staatswesens,
  • die Gesamtheit der irdischen Lehren und Künste, in Form der vier Fakultäten, deren erhabenste die Theologie ist, und
  • der Parnass als Gesamtheit der unirdischen, absoluten Einsicht.

Alle Gruppen sind mit einer zentralen und je vier bis fünf flankierende Figuren auf gleiche Weise durchgestaltet. Von den vielen Gestalten, die sich vom Betrachter abwenden oder mit verschwommenen, neutralen Gesichtszügen ausgestattet sind, zeigen einige Porträtcharakter. Außerdem fallen mehrere alte Männer mit Turbanen auf, die wohl auf die zum Teil vorantiken arabischen Quellen aller Wissenschaftsbereiche verweisen sollen. Die Blickführung zwischen den Szenen erfolgt vor allem durch die Wolkenformationen.

Zwei Kartuschen mit Sprüchen an den Schmalseiten bilden wie die Porträt-Medaillons eine Klammer um die Darstellungen des Deckenfreskos. Codices certa hora [singulis diebus] petantur aus der Augustinus-Regel (5.39) – Bücher können [täglich] zu bestimmten Zeiten empfangen werden (außerhalb dieser Zeit werden Wünsche nicht akzeptiert).

Diesem alltäglich Praktischen steht eine geistige Ebene gegenüber:Scrutamini Scripturas [quia vos putatis in ipsis vitam aeternam habere] aus dem Johannesevangelium bedeutet den Lesern, aus den (heiligen) Schriften den richtigen Weg zum ewigen Leben zu entnehmen.

Weitere Informationen finden sich auf der Homepage der Österreichischen Nationalbibliothek

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